Was die Sparer verzweifeln lässt, freut diejenigen, die einen Kredit aufnehmen – die Zinsen sind zu einem Dauerthema geworden. Dass die Zinsen für die Sparer in absehbarer Zeit wieder ansteigen werden, ist eher unwahrscheinlich, aber dass die Zinsen für Kredite angehoben werden, dafür gibt einige Anzeichen. Die Europäische Zentralbank setzt die niedrigen Zinsen als Mittel für die wirtschaftliche Erholung ein, denn wenn die Kreditzinsen niedrig sind, dann gehen die Menschen wieder einkaufen. Wenn dieser wirtschaftliche Aufschwung hält und wenn sich die Inflationsrate einpendelt, dann gibt es keinen Grund mehr, die Zinsen niedrig zu halten und als Folge könnte der Leitzins wieder steigen.
Die Eurozone muss weiter geschützt werden
Den Leitzins auf 0,00 % zu senken und mit dem massiven Ankauf von Staatsanleihen hat die EZB ihre Möglichkeiten erschöpft. Wenn es in der nahen Zukunft wieder eine wirtschaftliche Krise innerhalb der Euro-Zone geben sollte, dann kommt die EZB in arge Bedrängnis, denn sie hat keine Asse mehr im Ärmel, um auf eine neuerliche Krise zu reagieren. Noch weiter lässt sich der Leitzins nicht senken, denn wenn das der Fall wäre, dann würden die Banken in sehr große Schwierigkeiten kommen. Negative Zinsen sind Gift für die Sparer, die bei einer erneuten Zinssenkung in Scharen davonlaufen würden. Mario Draghi, der Chef der EZB, hat in seiner letzten Pressekonferenz zu verstehen gegeben, dass die Zinsen erst dann wieder steigen werden, wenn das Ankaufprogramm beendet wird. Das Ankaufprogramm läuft Ende des Jahres aus, mit einer Zinserhöhung kann also nicht vor 2018 gerechnet werden.
Die gute Konjunktur
Wenn man den Medien glauben darf, dann sind die Deutschen momentan in einer Art Kaufrausch und kurbeln kräftig die Konjunktur an. Die Banken vergeben immer mehr Kredite, ein Ziel, das die EZB angestrebt hat, denn wenn die Bürger der Euro-Zone Kredite aufnehmen, um shoppen zu gehen, dann ist das gut für die Wirtschaft. Auch die von der EZB angestrebte Inflationsrate kann sich in Deutschland wieder sehen lassen, denn sie liegt mit 1,9 % nur knapp unter den von der EZB geforderten zwei Prozent. Damit fällt ein weiterer Grund weg, den Leitzins niedrig zu lassen, vor allem wenn sich die Konjunktur weiter so erfolgreich entwickelt.
Kommt bald die geldpolitische Wende?
Bei ihrem Treffen in Tallin haben die Mitglieder der EZB signalisiert, dass offensichtlich der Zeitpunkt gekommen ist, langsam, aber sicher den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik einzuleiten. Nach Ansicht von Jens Weidmann, dem Präsidenten der Bundesbank, wird es Zeit, dass man geldpolitisch wieder zur Normalisierung zurückfindet. Mario Draghi sieht das allerdings ein wenig anders, denn er begründet die ausbleibende Kurskorrektur damit, dass die Inflation ohne Nahrungsmittel- und die Energiepreise noch immer nicht ausreicht und dass der Anstieg der Inflation bei Weitem noch nicht nachhaltig genug ist. Aus seiner Sicht wird die Erhöhung der Zinsen erst einmal ausbleiben.
Das Vorbild Amerika
Dass die Zinsen in diesem Jahr noch erhöht werden, ist eher unwahrscheinlich, aber Experten rechnen im nächsten Jahr fest damit. Die amerikanische Notenbank FED hat seit Ende des Jahres 2015 den Leitzins bereits dreimal angehoben und wenn sich die EZB bis Mitte oder sogar bis Ende des nächsten Jahres mit der Zinserhöhung Zeit lassen würde, dann wäre sie im Zeitplan drei Jahre hinter der FED zurück. Das wäre allerdings sehr ungewöhnlich, denn normalerweise gibt es, was die Zinsen angeht, nur kleine zeitliche Differenzen zwischen der Eurozone und den USA.
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